STOLPERSTEIN FÜR ANTON WESTEKEMPER VERLEGT

Die Schüler des Mariengymnasiums Warendorf, Lukas Bergen und Simon Janke, erleben hautnah, was Erinnerungskultur bedeutet

Von Lukas Bergen, Simon Janke, Dr. Stephanie Taube und Gerold Paul

In der Warendorfer Flurstraße Nr. 17 gibt es ein weißgestrichenes Haus, und davor findet sich seit Kurzem auf einem vergoldeten Stein im Bürgersteig die Inschrift: HIER WOHNTE ANTON WESTEKEMPER JG. 1886 EINGEWIESEN 1931 HEILANSTALT WARSTEIN ’VERLEGT’ 21.8.1941 HADAMAR ERMORDET 21.8.1941 ’AKTION T4’.

Eine Erinnerung schuldete man Anton Westekemper seit Langem. Er hat kein Grab erhalten. In der vergangenen Woche hat der Künstler Gunter Demnig einen Stolperstein für ihn verlegt.

Wer gewohnt ist, mit den Ohren zu denken, muss sich am Klang der Bezeichnung „Euthanasie“ stören, vor allem da sie in nationalsozialistischem Gebrauch gewesen ist. Die Bezeichnung „Aktion T4“ verweist im Übrigen nur auf einen Teil der Euthanasie-Verbrechen, auf diejenigen, die von der Berliner Tiergartenstraße 4 aus organisiert worden sind: Massenmord an Kranken und an Menschen mit Behinderungen.

Wer war der in Freckenhorst geborene Anton Westekemper? Warum wurde sein Schicksal so lange verschwiegen? Viele Jahre arbeitete er als Schriftsetzer beim Verlagshaus Leopold in der Oststraße. Doch 1925 folgte die Überweisung in eine Anstalt für psychisch Kranke, 1931 die Verlegung nach Warstein. Im vergangenen Jahr begaben sich Lukas Bergen und Simon Janke, Schüler der Q2 des Mariengymnasiums, auf Spurensuche. Die beiden Schüler des Leistungskurses Geschichte nahmen das Angebot ihrer Fachlehrerin, Dr. Stephanie Taube, wahr, zusammen mit dem Historiker Matthias Ester das Leben Anton Westekempers zu rekonstruieren. Sogar ein Interview mit einer Enkelin, Brigitte Baltrusch, wurde ermöglicht.

Interview mit einer Enkelin Anton Westekempers

Am 8. August 2022 fuhren beide Schüler in Begleitung ihrer Fachlehrerin Richtung Neuss zu Brigitte Baltrusch. Sie ermöglichte ihnen in einem ausführlichen und emotionalen Interview tiefe Einblicke in ihre Familienverhältnisse. Dabei erwähnte sie unter anderem, dass das Verbrechen am Großvater lange verschwiegen worden sei.

Zum Abschluss der gemeinsamen Recherche verlegte Künstler Gunter Demnig dann den Stolperstein in der Flurstraße 17. Matthias Ester fasste den Leidensweg Anton Westekempers zusammen. Gedanken und Erinnerungen der Familie wurden ausgetauscht. Die Schüler waren gerührt von der Gastfreundschaft der Familie und der Freude über das Wiedersehen nach vielen Jahrzehnten. Um es mit den Worten von Brigitte Baltrusch auszudrücken: „Es fühlt sich an, als hätten wir Opa nach Hause geholt.“

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