ES IST PASSIERT

Gedanken an der Gedenktafel des Mariengymnasiums zur Reichspogromnacht

Von Cora Horstmann

Ich gehe seit sieben Jahren jeden Tag durch dieselben Türen und Flure, ich sehe jeden Tag dieselben Wände vor mir. Heute, am 9.11.2022, sehe ich etwas anderes, etwas, was mich zum Denken anregt: die Gedenktafel zur Reichspogromnacht. Die Reichspogromnacht, welche sich ebenfalls an einem 9.11., jedoch im Jahre 1938 abspielte. An diesem Tag konnten die Juden nicht wie jeden Tag, nicht wie ich heute, ihr alltägliches Leben leben, sondern sie wurden aus irrationalen Gründen angegriffen, getötet; ihre Kultur und Religion wurden zerstört. Das war etwas, was sich nicht nur in großen Städten abspielte und weit weg von unserer kleinen Stadt Warendorf passierte. Nein, auch hier haben sich Warendorfer SS- und SA-Männer ihren Weg zu der jüdischen Bevölkerung gesucht. Es ist erschreckend, vor Augen gehalten zu bekommen, was sich genau hier abspielte. Verstörende Zitate von damals 11-jährigen, welche Todesangst haben mussten. Unsere eigenen Vorfahren, Leute, von denen ich abstamme, haben damals daran teilgenommen und sind mit schuld daran, was passiert ist.

Es ist fast schon beängstigend, diese Art von Schuld zu verspüren, wie ich sie in diesem Moment verspüre, in dem ich das lese. Doch genau darum ist es so wichtig, an diesem Tag zu informieren. Diese Schuld müssen wir spüren, um unsere Verantwortung wahrzunehmen, die wir alle hier in Deutschland tragen. Wir müssen dafür sorgen, dass sich so etwas nicht wiederholt. Wir müssen den (im Vergleich zu vorher) wenigen in Deutschland verbliebenen Juden helfen, an ihre Kultur und Religion zu erinnern und sie aufrechtzuerhalten. Ich wurde zu meinen Gedanken gefragt, und ich kann sie eigentlich kaum in Worte fassen. Ein Kondolenzbuch lag aus. Auch ich schrieb meine Gedanken dort nieder. Es fühlt sich so wertlos an, denn wie könnte man es je gut machen, was dort passiert ist. Aber es ist passiert, und es passiert auch heute noch. Es hing eine Chronik über Antisemitismus heutzutage aus, und ich hatte mich auch im Rahmen meiner Facharbeit mit dem Thema beschäftigt. Daher verspüre ich auch ein wenig Stolz, dass sich meine Schule dafür einsetzt, über so etwas zu informieren und aufzuzeigen, was auch heute noch passiert. Es lagen auch Gedichte von jüdischen Poeten aus und Informationen zur jüdischen Grabkultur. Als ich dies las, war ich sehr zum Nachdenken angeregt und auch froh, über neue Dinge informiert worden zu sein. Alles in allem hat dieser Tag eine bedrückende Wirkung auf jeden, der sich seiner Verantwortung diesbezüglich bewusst ist. Es ist aber schön, zu sehen, dass Leute sich dafür einsetzen, dass so etwas nicht erneut geschehen wird.

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