EIN SCHEINFLUGHAFEN NAHE DER VOHRENER HÖHE

Aufmerksam registriert ein Leistungskurs Deutsch des Mariengymnasiums im Warendorfer Kreisarchiv, unter welchen Bedingungen die Bevölkerung des Kreises die Realität des Zweiten Weltkrieges wahrgenommen hat.

Von Gerold Paul

Der Zweite Weltkrieg bildet den Hintergrund für die Recherche des Leistungskurses im Kreisarchiv. Mit großer Akribie nämlich hat der Autor Arno Geiger aus ähnlichen Archiven exzerpiert, als er daran ging, über diesen Krieg zu schreiben. Worauf er sich einließ, als er den Roman „Unter der Drachenwand“ verfasste, der mittlerweile zum Abiturkanon in NRW gehört? „Ach, ich möchte immer ein dreidimensionales Bild von der Welt bekommen, und der Blick aus nur einem Fenster, den finde ich nicht so spannend wie den Blick aus sehr unterschiedlichen Fenstern. Und dann kommen so perspektivische Brechungen auch, manches relativiert das andere“, sagt der Autor in einem Interview von 2018. So wird der Blick des obersten Feldherrn erweitert um den Blick des Soldaten, der nach einer schweren Kriegsverletzung ins Lazarett gelangt.

Man will sich die gute Laune im Krieg nicht verderben lassen

Ähnliche Erfahrungen sammeln die Schüler des Mariengymnasiums im Archiv. Während eine Gruppe die Berichte aus Lazaretten, darunter einem Pferdelazarett, exzerpiert, überdenkt eine andere die Sichtweise eines britischen Piloten, der sich von einem nahe der Vohrener Höhe errichteten Scheinflughafen nicht täuschen lässt. Fotos von Bombenabwürfen im Kreis, Extrablätter der „Glocke“, Lebensmittelkarten, eine Einladung zu einem „Kellerfest“ – denn man will sich die gute Laune nicht verderben lassen. Die Kriegschronik des Kreisarchivs bietet einen enormen Vorrat an Dokumenten, die die Schüler, begleitet von Archivar Frank Schirrmacher und Deutschlehrer Gerold Paul, auswerten können.

Einige Kursteilnehmer kennen das Archiv bereits aus dem Projektkurs „Auschwitz – Erinnern gegen das Vergessen“, die anderen sind überrascht: „Ich habe nicht gewusst, dass man dem Zweiten Weltkrieg hier so nahe kommt!“, heißt es von einer Schülerin. Archivar Frank Schirrmacher ist auf die weitere Verwendung der Exzerpte im Unterricht gespannt.

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