ELISABETH FEHLT
„Erinnern gegen das Vergessen“ am Beispiel der Stolpersteine
Am 11. November wurden Stolpersteine für zwei Warendorferinnen verlegt, welche 1941 und 1942 im Rahmen der Aktion T4 von den Nationalsozialisten ermordet wurden. Die Aktion T4 steht für die systematische Ermordung von Menschen mit Behinderungen. Möglich wurde die Verlegung der beiden Stolpersteine aufgrund von Forschungen, welche Schülerinnen des Mariengymnasiums im Projektkurs „Erinnern gegen das Vergessen“ in den Schuljahren 2022/23 und 2023/24 gemeinsam mit Dr. Stephanie Taube durchgeführt haben.
Von Dr. Stephanie Taube
Gunter Demnig kam persönlich, um die Stolpersteine für zwei Frauen aus Warendorf, die Opfer der nationalsozialistischen Euthanasie geworden sind. Die Stolperstein-Initiative Warendorf sorgte für die Verlegung. Das Mariengymnasium übernimmt die Patenschaft für die beiden Steine.
„Erinnern gegen das Vergessen“ ist den Schülerinnen des gleichnamigen Projektkurses am MGW besonders wichtig. Aus diesem Grund erforschten Eveline Maas und Carolin Sallermann im Jahr 2023 die Geschichte von Elisabeth Krimphove. Elisabeth Krimphove war eine von fünf Geschwistern, deren Elternhaus in der Kirchstraße 2 war. In der Familienerinnerung ist man sich ihrer Existenz allerdings lange nicht bewusst gewesen. Ihr Verschwinden beginnt mit einem Familienfoto ihrer vier Geschwister, das gegen Ende des 19. Jahrhunderts aufgenommen wurde. Die drei Brüder und eine Schwester befinden sich in ihren Zwanzigern. Elisabeth fehlt. Wahrscheinlich war sie bereits in einer psychiatrischen Anstalt. 1896 ist ihr Aufenthalt in der Anstalt Marienthal bei Münster nachgewiesen. Sie scheint nicht mehr nach Warendorf zurückgekommen zu sein, sondern über das Landeskrankenhaus Haaren, über die Provinzial-Heilanstalt Warstein nach Eichberg gekommen zu sein. Ihr Todestag ist offiziell der 01.05.1942. Todesursache auf der Sterbeurkunde: Herzversagen.
Katharina Mönnigmann war nur sechs Jahre jünger als Elisabeth Krimphove. Sie lebte länger als Elisabeth Krimphove in Warendorf – wahrscheinlich bis 1930 mit ihrer Schwester und ihrer Mutter zusammen. Ihre letzte Adresse hier ist die Fleischauerstraße 9. Auch sie verbrachte die 30er Jahre in der Provinzial-Heilanstalt Warstein. Ermordet wurde sie 1941 zwei Monate nach ihrer Ankunft in Weilmünster. Todesursache auf der Sterbeurkunde: Apoplexie (Schlaganfall). Für beide Todesursachen gilt, dass die beiden Frauen möglicherweise an ihnen gestorben sind; eigentliche Todesursache waren sie aber nicht. Es können hier nur Vermutungen angestellt werden. Typischerweise ließen die Nationalsozialisten ihre Euthanasieopfer verhungern oder töteten sie mit giftigen Injektionen oder überdosierten Medikamenten. Systematische Vergasung, wie sie später in Auschwitz durchgeführt wurden, gab es ebenfalls – jedoch nicht in Eichberg und Weilmünster.
Lara Blees, Carla Ernst und Lea Pate, Schülerinnen des Projektkurses „Erinnern gegen das Vergessen“, wollten verhindern, dass die einzelnen Warendorfer Opfer aus dem Gedächtnis der Stadt verschwinden und bereiteten zwei Stationen für einen digitalen Stadtrundgang vor, den der Projektkurs mit großer Unterstützung des Kreisarchivs erarbeitete. Auch wenn keine Fotos mehr von den Opfern existieren, soll den Individuen, welche Unrecht erleiden mussten, durch die Stolpersteine wieder ein Gesicht gegeben werden.